Die Aufgaben im Produktmanagement
Was machen eigentlich Produktmanager*innen?
Es ist eine wiederkehrende Frage in unseren Schulungen und bei unseren Assessments der Produktmanagement-Funktion in Unternehmen: „Was sind eigentlich die Aufgaben des Produktmanagements?“
Auf dieser Seite und mit unserer dazugehörigen Infografik, die Du hier kostenlos herunterladen kannst, möchten wir dazu Klarheit schaffen.
Weshalb gibt es so häufig Unklarheit bei der Rolle?
Zu Beginn wollen wir aber darauf eingehen, warum es soviel Unklarheit bei der Rolle und den Aufgaben von Produktmanager*innen gibt.
Mangels einer allgemeingültigen Definition entstehen in den Unternehmen viele verschiedene Formen des Produktmanagements – von technisch bis markt-fokussiert, teils voll im Tagesgeschäft, teils sehr strategisch arbeitend.
Wie einzelne Produktmanager*innen und Produktmanagement-Teams ausgerichtet ist und tatsächlich arbeitet, hängt daher häufig von den folgenden Faktoren ab:
- Die Art der Produkte und deren Lebenszyklus (z.B. Konsumgüter vs. komplexe Fertigungsanlagen)
- Die Phase in der die Produkte in ihrem Lebenszyklus stehen (Einführungs- oder Wachstumsphase)
- Die Entwicklungsmethodik (Agile Entwicklung oder strenges Phasenmodell)
- Die Größe des Portfolios (100+ Produkte mit 1000+ SKUs steuern sich anders als ein Kernprodukt mit wenigen Varianten)
- Die Größe und Struktur der Organisation (An wen berichtet das Produktmanagement? Welche anderen Bereiche gibt es, an die operative Aufgaben delegiert werden können?)
- Die Erfahrung der Unternehmensleitung mit Produktmanagement (Wird Produktmanagement als “Lückenfüller” gesehen oder als echte strategische Einheit?)
- Die Erwartung anderer Abteilungen an das Produktmanagement (und deren Verständnis, was Produktmanagement eigentlich ist)
- Der Hintergrund des Produktmanager*innen selbst (Technischer oder vertrieblicher Hintergrund; mehrjährige Erfahrung oder Neueinsteiger)
- …und nicht zuletzt den Fähigkeiten und dem Reifegrad des Produktmanagements selbst
Zwar wird vielen Produktmenschen gesagt, dass sie sich als “Mini-Geschäftsführer des Produkts” verstehen sollen, aber was bedeutet das eigentlich?
Nicht nur Neueinsteiger und weniger unerfahrene Produktmanagement-Teams tun sich häufig schwer, ihre Rolle wirklich strategisch zu leben und fokussieren sich auf die Arbeitsbereiche, die sich aus Aufträgen und Erwartungen anderer Unternehmensbereiche an sie herangetragen werden. Leider haben diese Aufgaben häufig einen kurzfristigen und operativen Schwerpunkt.
Nutze unsere Infografik um Klarheit zu schaffen.
Statt einer “One-Size-Fits-All”-Stellenbeschreibung haben wir also ein Rahmenwerk entworfen, das Klarheit schafft, indem es alle Aufgabenbereiche aufführt, die in produktorientierten Unternehmen anfallen: der Produktaktivitätsrahmen (den du hier auch herunterladen kannst).
Produktmanagement-Aufgaben…
…und weitere Aufgaben, die in produktorientierten notwendig sind
Unser Produktaktivitätsrahmen führt alle Aufgaben und Aktivitäten auf, die in einem produktorientierten Unternehmen stattfinden müssen. Nicht für alle ist zwingend das Produktmanagement zuständig. Je nach Positionierung im Unternehmen können bestimmte Aufgaben auch in die Zuständigkeit von anderen Bereichen fallen, die hier dem Produktmanagement zuarbeiten oder es unterstützen.
Unser Modell hat die Aufgaben im Produktmanagement in drei konkrete Bereiche unterteilt:
Strategische Aufgaben: sie haben zum Ziel, das richtige Produkt für das Unternehmen zu ermitteln und im Gesamtkontext des Produktportfolios zu definieren.
Inbound Aktivitäten: Diese nach innen orientierten Aktivitäten unterstützen die Produktentwicklung und weitere betriebliche Aspekte.
Outbound Aktivitäten: Diese Aktivitäten verfolgen das Ziel, das Produkte und Dienstleistungen erfolgsbringend zu kommunizieren und zu vermarkten.
Diese drei Aufgabenbereiche decken 20 verschiedene Aufgaben ab, die in die Verantwortung des Produktmanagements fallen können. In den meisten Unternehmen werden sie auf mehrere unterschiedliche Rollen verteilt, inklusive dem Produktmanagement, Produktmarketing und Product Ownern.
Den Produktaktivitätsrahmen liefert eine essentielle Übersicht, um…
- alle essentiellen Aufgaben im Produktmanagement im Blick zu haben
- Verantwortliche für jede Aktivität zu bestimmen
- die Zuständigkeiten und Abgrenzungen zwischen Rollen und Teams zu vereinbaren
- aufzudecken und zu priorisieren, in welchen Bereichen Optimierungspotential ist
- allen Teams ein einheitliches Bild des „großen Ganzen“ zur Verfügung zu stellen
Im Folgenden werden wir auf die einzelnen Bereiche im Detail gehen.
Übrigens: die wahrgenommenen Aufgaben von Produktmanagern sind eng mit den “Produktmanager Personas” verknüpft. Mit diesen kannst Du mit dem Team und Vorgesetzten prüfen, wie Du ausgerichtet bist und wie deine Ausrichtung vielleicht noch optimiert werden könnte.
Wir beginnen mit einem Blick auf die strategischen Produktmanagement-Aufgaben.
Strategische Aufgaben liegen klar in der Verantwortung des Produktmanagements
“Wenn Produktmanager*innen sich nicht der Strategie zu ihren Produkten annehmen, tut es keiner!”
Wir empfehlen die strategischen Aufgaben als klare Verantwortlichkeit des Produktmanagement zu sehen. Mit einer strategischen Ausrichtung können die besten Entscheidungen zum Wohle des Unternehmens und mit der nötigen Nachhaltigkeit und Weitsicht abgewogen und getroffen werden. Ein klassisches Beispiel ist die Frage, ob die Produktfreigabe auch mit funktionalen Einschränkungen erfolgen sollte (z.B. weil ein früher Markteintritt für eine starke Positionierung strategisch wichtiger ist und die Einschränkungen für die Zielgruppe akzeptabel sind). Ohne strategischen Unterbau können Entscheidungen lediglich “aus dem Bauch” getroffen werden.
Also, was macht ein/e strategisch arbeitender Produktmanager*in jetzt konkret? Gehen wir einfach mal die Aufgabenbereiche durch.
Marktforschung
Ein gutes Verständnis des Marktes und der Kunden ist das Fundament für eine zukunftsfähige Ausrichtung des Geschäftsmodells, der Produktstrategie, für die Priorisierung von Anforderungen und die Berechnung der Wirtschaftlichkeit in Business Cases.
Eine Übersicht zu möglichen Quellen haben wir in unserer Infografik zu den sogenannten “Marktanalyse-Horchposten” zusammengestellt.
Zu den konkreten Aufgaben in diesem Bereich gehört:
- Planung von Marktforschungsaktivitäten zur Erfassung von
- …Marktgröße
- …Wettbewerbsumfeld
- …Kunden und Anwendungsbereichen
- …Regulatorischer Anforderungen
- …Technologien
- …möglichen Lieferanten und Partnern
- …weiteren Einflussfaktoren (z.B. mittels der STEP/PEST-Analyse)
- Planung des notwendigen Zeit- und Kostenbudgets
- Durchführung der Marktforschungsaktivitäten durch Primär- und Sekundärforschung
Bei der Planung der Aktivitäten und Auswahl der Quellen solltest Du dir Gedanken zu der Glaubwürdigkeit, dem abgedeckten Zeithorizont (Blick in die Zukunft oder Vergangenheit?), des notwendigen Budgets sowie Setup- und Reaktionszeit machen. Gute Planung sorgt dafür, dass die Informationen vorliegen, wenn sie benötigt werden, denn nicht jede Information ist ad-hoc verfügbar!
Kundenforschung
Produktmanager*innen müssen sich ein klares Bild zu den Problemen und Bedürfnissen ihrer Kunden verschaffen. Auch wenn ein grundsätzliches Verständnis zu den Anforderungen und Einsatzbereichen des eigenen Produkts vorliegt, so liefert der enge Austausch und die Beobachtung von Kunden Einblicke, die enorm wertvoll für die Priorisierung sein können (z.B. die Definition eines MVPs für bestimmte Kundensegmente).
Einige beispielhafte Aufgaben und Methoden der Kundenforschung sind:
- Planung und Durchführung von Lerngesprächen mit Kunden
- Beobachtung von Anwendern
- Ermittlung der “Jobs-to-be-done“
- Win-Loss-Analyse
- Durchführung von Kundenbefragungen, z.B. per Umfrage
- Gespräche mit Support und Sichtung von Kundenbewertungen (z.b. in Appstores oder Bewertungsportalen)
- Beschreibung von Kunden und Anwendern mittels Personas
- Beschreibung der Customer-Journey oder User-Journey
- Analyse der Produktnutzung (Product Analytics)
- Touchpoint-Analyse, z.B. mittels Web-Analytik
Wettbewerbsforschung
Kunden vergleichen Produkte und Anbieter vor dem Kauf – und daher sollten Produktmanager*innen sich auch hier in ihre Kunden hineinversetzen? Welche Anbieter gibt es, was sind ihre Stärken und Schwächen? Wie werden wir im Wettbewerbsumfeld wahrgenommen – kommen unsere Stärken ausreichend zur Geltung?
Wichtig ist bei der Wettbewerbsforschung auch die indirekten Wettbewerber zu betrachten. Ein typisches Beispiel ist eine professionelle Softwarelösung für die Reisekostenabrechnung im Unternehmen. Ein Anbieter sollte sich hier nicht nur mit seinen direkten Wettbewerbern vergleichen, sondern auch mit den Alternativen, die Kunden aktuell nutzen könnten (z.B. selbstentwickelte Excel-Templates). Je nach Digitalisierungsgrad des Kundensegmentes kann der Vergleich zu diesen Alternativen eine größere Rolle spielen!
Typische Aufgaben und Methoden bei der Wettbewerbsforschung sind…
- Erfassung des Wettbewerbsumfelds (direkt, indirekt)
- Erstellen von Wettbewerbsprofilen (Präsenz, Größe, Umsatz, Stärken/Schwächen, Produktportfolio und weitere Leistungen…)
- Vertriebsbefragungen und Win/Loss-Analyse
- Direktvergleich der wichtigsten Merkmale je nach Kundensegment
- Analyse des Wettbewerbsumfelds, z.B. mittels SWOT-Analyse
Produkt-Performance
Natürlich ist auch die aktuelle Produkt-Performance (wirtschaftlicher und technischer Natur) ein wichtiger Einblick für die Entscheidungen. Eine gesunde Mischung aus “leading” und “lagging” KPIs (führend und verzögert) ermöglicht das rechtzeitige Eingreifen, z.B. kann ein fallender Customer Effort Score ein Hinweis auf eine langsamer wachsende Pipeline und ausbleibendes Umsatzwachstum sein.
Typische Aktivitäten zur Produkt-Performance sind:
- Definieren der wichtigsten Kennzahlen
- Entwicklung von Produktanforderungen zur Erfassung von Product-Analytics (z.B. Feature-Nutzung, Absprungraten…)
- Beschreibung der Anforderung an KPI Dashboards (Umsetzung meist unterstützt durch IT/Controlling)
- Regelmäßige Sichtung und Analyse der Kennzahlen
- Definition von Experimenten zur Optimierung der Kennzahlen
Segmentierung
Mit der Segmentierung wird der Gesamtmarkt in Teilstücke aufgeteilt, die sich durch für das Unternehmen relevante Kriterien voneinander unterscheiden. Die Segmentierung bringt Ordnung in den “ungeordneten” Markt und schafft Klarheit für die Ansprache, die Priorisierung, und die Vertriebs- und Marketingstrategie.
Basierend auf den Ergebnissen der Markt- und Kundenforschung müssen die vielversprechendsten Marktsegmente identifiziert werden (z.B. anhand von Kriterien wie Segmentgröße, Adressierbarkeit, Bedarf und Zahlungsbereitschaft sowie Zukunftsfähigkeit. Typische Segmentierungsmodelle im B2B teilen den Markt nach Branchen, Geographie, Anwendungsbereichen, Unternehmensgrößen oder Marktreife (z.B. dem Digitalisierungsgrad) auf. Natürlich können auch Kombinationen zu zielgenaueren Segmenten führen (z.B. KMU in der Fertigungsbranche mit geringem Digitalisierungsgrad).
Im B2C-Markt wird üblicherweise nach Demographie (z.B. Alter, Budget, Geschlecht), Psychografie (Interessen, Einstellungen, Nutzungspräferenzen) segmentiert. Diese werden dann häufig konkret benannt. Ein Beispiel wäre die Segmentierung von Weintrinkern nach Konsumhäufigkeit und Zahlungsbereitschaft (von “Schnäppchenjägern” zu “Experimentierfreudigen”).
Typische Aufgaben und Methoden bei der Segmentierung sind:
- Definition der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale von Segmenten
- Priorisierung von Segmenten nach o.g. Kriterien
- Segmentbeschreibungen (Bedürfnisse, Anwendungen, Größe, relevante Wettbewerber)
- Beschreibungen der Käufer und Anwenderpersonas in den Segmenten
Siehe auch: Keine Angst vor Marktsegmentierung (Blog) und das dazugehörige Webinar.
Kundenversprechen
Ein gutes Kundenversprechen (oder auch Value Proposition) beantwortet die Frage, warum Kunden gerade bei Ihnen kaufen sollten und sollte auf eine konkrete Zielgruppe – das Marktsegment und seine Personas – zugeschnitten sein.. Es enthält wichtige Aussagen zum Mehrwert, die für die Zielgruppe relevanten Produktmerkmale, besondere Alleinstellungsmerkmale und idealerweise einen quantifizierten Mehrwert. Das Kundenversprechen übersetzt also die Leistungen in einen (messbaren) Mehrwert und zeigt, wie dieser erreicht wird.
Typische Aufgaben und Methoden zu Kundenversprechen sind:
- Ermittlung des Product Market Fits mittels Value Proposition Canvas
- Ableitung des Nutzens aus den Jobs-to-be-done (funktionale, emotionale, soziale Jobs)
- Mapping des gewünschten Mehrwerts zu Käufer- und Anwenderpersonas
- Übersetzung von Feature/Funktion zu Nutzen/Mehrwert
- Entwicklung von ROI-Modellen für die Kunden (Nutzenquantifizierung)
(Diese Seite befindet sich im Aufbau und wird laufend weiterentwickelt.)
Das berichten uns Produktmanager*innen, die den Produktaktivitätsrahmen für die eigene Ausrichtung genutzt haben:
“Der Produktaktivitätsrahmen ist Gold wert, denn er bietet Orientierung, welche Tätigkeiten sich hinter dem Begriff Produktmanagement verbergen.”
– Philipp Kölbl, T.CON
“Der Produktaktivitätsrahmen ist ein großartiges Tool dafür uns daran zu erinnern, was eigentlich zu tun ist, gerade wenn man mal wieder Feuer löscht 🙂 Eine Art allgegenwärtiges schlechtes Gewissen.”
– Robert Weinberger, ETM
“Eine wirklich interessante Übersicht, die uns ermöglicht auf einen Blick zu erfassen, was zu tun ist. Meiner Meinung nach ist es auch ein fantastisches Werkzeug um mit Vorgesetzten zu diskutieren, welches Team und welche Rolle für welches Thema zuständig ist.”
– Thierry Moncoutié, Lectra
“Danke, ich habe das Poster erhalten. Es ist klar und übersichtlich gestaltet und eine exzellente Ressource um anderen Produktmanagement zu erklären.”
– Charlotte Margree, Cloud Direct
“Ich habe bereits viele Kommentare von meinem Produktteam und auch von Führungskräften zu dem Poster bekommen bekommen – es hat sehr interessante Debatten über unseren Launch-Prozess ausgelöst. Ich bin echt beeindruckt – danke für die Zusendung!”
– Dan Scholey, Product Director, Moneyhub
“Ich habe die Übersicht mit meinem Team geteilt und es wird rege genutzt. Es ist eines der Modell auf das ich regelmäßig zurückkomme.”
– João Laranjeira, Product Management, TomTom
“Vielen Dank für den Produktaktivitätsrahmen, er ist die ideale Ergänzung zum Produktlebenszyklus von euch. Ich liebe eure Inhalte und die Journale sind fantastisch – großartige Referenzen und Must-Haves für jeden Produktmanager!”
– Nigel Williams, Product Manager, Lexis Enterprise Solutions